Neues zu Interreg VI
Eine gesündere Grenzregion. Daran arbeiten die health-i-care-Projektpartner jeden Tag. Das Projekt konzentriert sich auf die Entwicklung innovativer Produkte und Technologien, die die Bevölkerung vor Infektionen schützen, insbesondere vor Infektionen durch Antibiotika-resistente Mikroorganismen. Während des Projekts wurden 30 erfolgreiche Innovationen abgeschlossen, von denen einige bereits auf den Markt gebracht wurden. Die Innovationen werden hauptsächlich in Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern, Pflegeheimen, Laboren oder Gesundheitsämtern genutzt. Prävention ist oft nicht sofort sichtbar und daher scheinen die Innovationen manchmal der Öffentlichkeit etwas verborgen zu bleiben. Sie werden jedoch dringend benötigt, um das Auftreten von Gesundheitsrisiken zu verhindern und uns vor schweren Infektionskrankheiten wie COVID-19 zu schützen. Projektleiter Prof. Dr. Alex Friedrich und Projektkoordinatorin Dr. Corinna Glasner vom Universitätsklinikum Groningen (UMCG) sprachen in einem Interview darüber, was ihnen das INTERREG-Programm ermöglicht und warum dieses Projekt so wichtig ist.
Was hat INTERREG dem Gesundheitssektor ermöglicht?
Prof. Dr. Alex Friedrich: INTERREG ist für mich in erster Linie ein Instrument für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Das Gesundheitswesen in Europa ist stark national organisiert, während Infektionskrankheiten nicht vor den nationalen Grenzen haltmachen. Deshalb will der EU-Vertrag von Lissabon auch sicherstellen, dass Pflege und Einrichtungen in den Grenzregionen miteinander verwoben sind und grenzüberschreitende Risiken wie Infektionskrankheiten gemeinsam bekämpft werden. INTERREG bietet auch die Möglichkeit, aktiv an diesen Kooperationen im Gesundheitswesen teilzunehmen und Netzwerke aufzubauen. Darüber hinaus können wir mit INTERREG grenzüberschreitende Infrastrukturen nutzen. Die Vorteile davon wurden auch in der letzten Zeit deutlich, als niederländische Patienten mit COVID-19 Hilfe auf den deutschen Intensivstationen erhielten, insbesondere direkt hinter der Grenze. Dies wäre nicht möglich gewesen, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen den niederländischen und deutschen Gesundheitseinrichtungen noch nicht ausreichend vorhanden gewesen wäre.
Dr. Corinna Glasner: Wie Alex bereits sagte, gibt es Verträge wie den Vertrag von Lissabon, die Beschlüsse enthalten, die offiziell eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitswesen ermöglichen. Man sieht jedoch, dass es oft leider nicht so einfach ist, dies dann auch in die Realität umzusetzen. Der Mehrwert von INTERREG besteht darin, dass dieses Programm die Möglichkeit bietet, diese Kooperationen tatsächlich anzugehen und zu realisieren. INTERREG macht grenzüberschreitende Zusammenarbeit greif- und anwendbar. INTERREG ermöglicht Zusammenarbeit über Grenzen hinweg.
Was bedeutet INTERREG für Sie persönlich?
Prof. Dr. Alex Friedrich: Durch INTERREG habe ich mein ganz persönliches INTERREG-Abenteuer erlebt. Früher war ich Projektleiter am Universitätsklinikum Münster, jetzt bin ich Projektleiter am UMCG. Ohne INTERREG wäre das nicht ohne weiteres passiert. INTERREG ermutigte mich, auch die Nachbarn auf der anderen Seite der Grenze zu betrachten, was mir neue Türen geöffnet hat.
Dr. Corinna Glasner: Ich bin Deutsche, in der Grenzregion aufgewachsen. Ich bin für mein Studium nach Groningen gekommen und lebe jetzt, nach mehreren kleinen Abenteuern im Ausland, dank INTERREG seit 4 Jahren aktiv in und mit unserer Grenzregion. Für mich ist unser Grenzgebiet wirklich zu einer eigenen Region geworden und Deutschland und die Niederlande werden aus meiner Sicht nicht mehr so sehr separat voneinander betrachtet. Ich habe hier in unserer Grenzregion wirklich meinen Platz gefunden.
Inwiefern trägt das health-i-care-Projekt zu einer gesünderen Grenzregion in den Niederlanden und in Deutschland bei?
Prof. Dr. Alex Friedrich: Mit health-i-care haben wir es geschafft nicht nur die nationale Grenze zwischen den zwei Ländern, sondern vor allem auch die Grenze zwischen den Sektoren (Gesundheit, Wissenschaft und Wirtschaft) zu überschreiten, mit dem gemeinsamen Ziel, Menschen vor Infektionen und Antibiotikaresistenzen zu schützen. Wir bringen Menschen aus verschiedenen Bereichen zusammen. Wissenseinrichtungen, die intern über die richtigen wissenschaftlichen Kenntnisse verfügen, Unternehmen, die medizinische Innovationen entwickeln und diese auf den Markt bringen können, und die verschiedenen Arbeitsfelder wie Krankenhäuser, Pflegeheime und häusliche Pflege, die letztendlich die neuen Entwicklungen anwenden müssen. Wenn diese drei Spieler zusammenkommen und zusammen Überlegungen anstellen, dann erst erhält man Entwicklungen, die wirklich anwendbar sind. Erfolgreiche Projekte sind nicht nur auf einen Sektor ausgerichtet.
Dr. Corinna Glasner: Voneinander zu lernen und erfolgreich zusammen zu arbeiten ist wichtig beim Überqueren beider Grenzen. Und dazu ist es in unserem Fall auch „gesünder“ – eine „gesunde Grenzregion“. Manchmal sehen wir etwas im Krankenhaus oder beim Hausarzt, das in Deutschland sehr gut funktioniert, aber nicht in den Niederlanden oder umgekehrt. Man hat es mit einer anderen Kultur und anderen Gesetzen zu tun, aber wir versuchen immer, unterschiedliche Aspekte einer Idee neu miteinander zu verknüpfen und dann anzuwenden. Wenn etwas nicht sofort funktioniert, probieren wir etwas Anderes aus und bekommen dadurch immer neue Erkenntnisse. Aufgrund der unterschiedlichen Dimensionen des health-i-care-Projekts gibt es auch viele verschiedene Wege, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.
In dem im August letzten Jahres veröffentlichten Video des health-i-care-Projekts wird das Thema Händehygiene erörtert. Merken Sie, dass dieses Thema aufgrund der aktuellen Coronakrise noch wichtiger geworden ist?
Prof. Dr. Alex Friedrich: Antibiotikaresistenz ist natürlich auch ein Infektionsproblem, da Mikroorganismen auch übertragen werden und zu Infektionen führen können. Die Übertragung der Mikroorganismen kann beispielsweise über die Hände erfolgen. Dies bedeutet, dass die Innovationen, die wir auf dem Gebiet der Händehygiene entwickeln, auch zum Schutz der Menschen vor anderen Infektionen, sicherlich auch vor COVID-19, sinnvoll eingesetzt werden können. Die Arbeit an der Prävention von Antibiotikaresistenzen ist auch eine Vorbereitung auf die wirklich großen Risiken. Das Wissen, die Netzwerke und die Infrastruktur, die dadurch aufgebaut wurden, ermöglichen es uns, uns besser gegen schwere Infektionskrankheiten zu schützen, wie dies jetzt der Fall ist. Wir sehen auch, dass die Grenzregion hier, in der wir seit mehr als 10 Jahren an Projekten zur Antibiotikaresistenz arbeiten, bisher weniger von Corona betroffen ist. Ich denke, unsere Arbeit hat in den letzten Jahren auch teilweise dazu beigetragen.
Dr. Corinna Glasner: Was ich auch beobachtet habe und was vorhergesagt wird, ist, dass die allgemeine Grippesaison auch kürzer als erwartet sein soll, weil wir in letzter Zeit der Händehygiene so viel Aufmerksamkeit geschenkt haben. Was wir zum Beispiel bei health-i-care gemacht haben, ist, das Thema Händehygiene bei Kindern aufzugreifen, da man Menschen am besten so früh wie möglich beibringen sollte, wie wichtig Händehygiene ist. Es wurden zum Beispiel ein Handwaschspiel (https://www.goviralgo.nl/han-de-wasbeer) und Lehrmaterial entwickelt, um Kindern das Händewaschen mittels Videos und Musik beizubringen, und ein Seifenspender für Kinder wurde ebenfalls eingeführt.
Was ist Ihrer Meinung nach der konkrete Mehrwert der niederländisch-deutschen Zusammenarbeit?
Prof. Dr. Alex Friedrich: Kurzfristig bedeutet dies, zwei Systeme grenzüberschreitend miteinander zu verknüpfen. Sie treffen sich und es entstehen Verbindungen, die vorher nicht möglich waren. Durch unsere Kontakte in Oldenburg werden beispielsweise auch Kontakte nach Hannover und Berlin hergestellt. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist die Grundlage für die Entwicklung, in der neues Wissen, Ideen, Produkte und Innovationen in allen Formen geschaffen werden können. Die Grenze ist eigentlich etwas sehr Unnatürliches. Langfristig kann Europa nur durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit gestärkt werden. Es geht um die gemeinsame Heimat Europa, in der wir leben – und ohne Grenzen zu überschreiten, bleiben wir alle klein und anfällig für große wirtschaftliche Risiken, aber auch für Gesundheitsrisiken wie COVID-19 derzeit deutlich macht.
Dr. Corinna Glasner: Der Mehrwert für mich ist, dass man Chancen nutzt, die tatsächlich sehr nahe liegen. Es hat sich in anderen Bereichen gezeigt, wie chancenreicher, effizienter und einfach besser es ist, wenn man in allem, was man tut, Vielfalt hat. Die Welt wird sehr international, aber wir dürfen nicht vergessen, auch unsere unmittelbaren Nachbarn genau zu betrachten. Im alltäglichen Leben machen wir das auch und mit Grenznachbarn ist es nicht anders. Man hat hier die Möglichkeiten vor der Haustür und damit auch jene Möglichkeiten, die beispielsweise ein INTERREG-Programm bietet.
Schauen Sie sich hier das Projektvideo an, um mehr Informationen zu erhalten: