Neues zu Interreg VI

INTERREG VI

Interreg

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Groen Goud

Grünes Gold: Pyrolyseöl als erneuerbarer Rohstoff: biobased Produkte über Pyrolyse und den intelligenten Einsatz minderwertiger Biomasse

Die Eindämmung der CO2 Emissionen sowie der Schutz des Klimas stellen Deutschland und die Niederlande vor große Herausforderungen. Ein Baustein, der dazu beitragen kann, die Klimaziele zu erreichen, ist der Einsatz von Biomasse zur Gewinnung nachhaltiger Energie oder als Rohstoffträger für neue hochwertige Produkte. Gerade für den agrarisch geprägten Euregioraum mit seinen zahlreichen Biogasanlagen spielt die Biomasse eine besondere Rolle, und zwar auf beiden Seiten der Grenze. Bereits Ende 2014 wurde in Hengelo die erste Standalone-Pyrolysefabrik in Europa in Betrieb genommen. Pyrolyse ist eine Technik zur Gewinnung von Öl aus Biomasse. Dabei wird unter hohen Temperaturen und unter Entzug von Sauerstoff eine thermische Spaltung chemischer Verbindungen herbeigeführt mit dem Ergebnis, dass aus der Biomasse Öl entsteht. Im Prinzip ist dies derselbe Prozess, den das Erdöl über Hunderte von Jahren tief in der Erde durchgemacht hat, nur künstlich herbeigeführt. Das so gewonnene Pyrolyseöl kann als Kraftstoff oder als Rohstoff für biobasierte Materialen dienen.

Ziel
Mit dem INTERREG VA-Projekt Grünes Gold hat sich ein deutsch-niederländisches Konsortium von zwei Hochschulen und verschiedenen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus beiden Ländern zusammengeschlossen, um gemeinsam an Innovationen für die Produktion von Pyrolyseöl und an der Gewinnung hochwertiger Chemikalien aus minderwertigen Biomassereststoffen zu forschen. Dabei wurden nicht nur unterschiedlichste Biomasseströme, wie zum Beispiel Gärreste aus Biogasanlagen und Reste aus der Forst- und Landwirtschaft, als Ausgangsprodukte getestet, sondern auch diverse Verfahren der Pyrolyse und der anschließenden Pyrolyseöl-Fraktionierung getestet. Das Ziel des Projekts war zweigeteilt:
1. Die Entwicklung von Pyrolyse als Anwendung für minderwertige Biomasseströme.
2. Die Nutzung des Pyrolyseöls für Energieziele und die Veredelung des Öls zu hochwertigen Chemikalien.

Vorgehensweise und Arbeitspakete
Zur Erreichung dieser Ziele wurden fünf inhaltliche Arbeitspakete (AP) durchgeführt. In diesen Arbeitspakten haben die Projektpartner intensiv zusammengearbeitet, wobei die Leitung jeweils von dem Projektpartner übernommen wurde, der in dem entsprechenden Bereich über die größte Expertise verfügte. Inhaltlich haben die Arbeitspakete aufeinander aufgebaut. Im AP 1 wurde unter der Leitung der FH-Münster eine Inventarisierung von biogenen Reststoffen vorgenommen. Auf dieser Basis wurde eine Auswahl von zehn Restmasseströmen getroffen, die anschließend in AP 2 unter der Leitung von BTG im Pyrolyse- und Fraktionierungsverfahren getestet wurde. Dabei wurde ein weiteres Selektionsverfahren angewendet, aus dem drei Reststoffe hervorgegangen sind, die in großem Maßstab in der Mini Pyrolyse Anlage und in der Pilotanlage bei BTG getestet wurden. Diese Experimente haben ergeben, dass sich die Gärreste aus einer NawaRo-Anlage (Biogasanlage, die mit nachwachsenden Rohstoffen betrieben wird) am besten für das Pyrolyseverfahren eigneten. Die Verarbeitung verlief am reibungslosesten und die Ölproduktion war am ergiebigsten. Dieses Pyrolyseöl kann als Brennstoff verwendet werden. Es war allerdings Phasen getrennt, weshalb eine weitere Fraktionierung technisch nicht möglich war. Bei Maissilage, einem später hinzugezogenen alternativen Biomassestrom, konnte das Öl wohl weiter fraktioniert werden, um eine höherwertigere Anwendung zu erzielen. Die Aufarbeitung des Pyrolyseöls war Gegenstand von AP 3: Unter der Leitung der Saxion Hochschule wurde geprüft, ob und wie die verschiedenen Fraktionen für höherwertige Anwendungen verwendet werden konnten. Dabei lag der Fokus auf der Aufwertung der sauren Wasserfraktion und der pyrolytischen Zuckerfraktion. Die Anwendung einer innovativen Gefrierkristallisation, bei der das Wasser gefriert und als Eis aus der Flüssigkeit entfernt werden kann, hat sich als erfolgreich für beide Fraktionen erwiesen. Mit diesem Verfahren besteht die Möglichkeit, die saure Wasserfraktion und die pyrolytische Zuckerfraktion effizient zu einem anwendbaren Brennstoff und gereinigtem Wasser (Eis) umzusetzen. Aufgrund der wässrigen Eigenschaften dieser Pyrolysefraktionen wurden auch mikrobiologische Aufarbeitungstechniken geprüft, da viele Mikroorganismen gerade in wässrigen Milieus sehr gut wachsen. Eine Dauerprobe, bei der die saure wässrige Fraktion zu Biogas vergoren wurde, hat gezeigt, dass die Bakterien auch nach einem halben Jahr noch in der Lage sind, Biogas zu produzieren. Die Bakterien können nachweislich in einer verdünnten sauren wässrigen Fraktion überleben, obwohl möglicherweise für Mikroorganismen giftige Stoffe darin enthalten sind. Das bedeutet, dass es in Zukunft möglich sein wird, einen neuen Vergärer zu entwerfen, bei dem die saure wässrige Fraktion kontinuierlich in nachhaltiges Biogas und relativ sauberes Abwasser umgesetzt wird. Neben der Methanproduktion hat es sich auch als günstig erwiesen, pyrolytische Zucker und die saure Wasserfraktion als wertvolle Elektronenspender für verschiedene mikrobiologische Prozesse, zum Beispiel in Kläranlagen, zu verwenden. Es hat sich gezeigt, dass Sulfat zu Sulfid und Selenat zu Selen umgesetzt werden können. Die Ersetzung der gegenwärtig verwendeten Elektronenspender, wie Glycerol oder Äthanol kann zu einer effektiven Kosteneinsparung führen.
Darüber hinaus wurden beim Projektpartner Foreco, einem innovativen Unternehmen aus der Holzindustrie, in Zusammenarbeit mit BTG erfolgversprechende Experimente durchgeführt, um pyrolytisches Lignin als Rohstoff für bestimmte Harze oder Kompositen oder als Holzschutzmittel zu verwenden. Es wurden 21 Mischungen (Formulierungen) hergestellt, die gegenwärtig in einer Pilotanlage (Imprägnierung) getestet werden. Bis zur Marktreife dieser Produkte sind noch weitere Entwicklungsschritte erforderlich, die nach Ablauf der Förderphase durchgeführt werden. Eine Patentanfrage wird gegenwärtig in Erwägung gezogen.
Parallel wurde in Arbeitspaket 4, ebenfalls unter der Leitung von Saxion, die Aufwertung der anorganischen Fraktion untersucht. Verwendet man für die Pyrolyse minderwertige Biomasseströme wie beispielsweise getrocknete Gärreste, dann steigt die Menge der anorganischen Fraktion auf 40-50 % an. Bei diesem hohen Prozentsatz erscheint es sinnvoll, zusätzlich zum Pyrolyseöl auch die anorganische Fraktion in ein nützliches Produkt umzuwandeln. Die anorganische Fraktion besteht im Wesentlichen aus Asche. Diese wird vom Gesetzgeber gegenwärtig als Sondermüll betrachtet, da sie Schwermetalle enthält. Obwohl das in der Asche vorhandene Calcium und Magnesium nützlich sind, um den pH-Wert des Bodens zu stabilisieren, machen es die Schwermetalle derzeit unmöglich, die Asche direkt als Dünger zu verwenden. Filtrations-Experimente haben jedoch gezeigt, dass es möglich ist, die Schwermetalle aus der Asche zu entfernen. Das bietet Perspektiven, die bislang als Müll zu betrachtende Asche umzuwandeln in ein Produkt zur Bodenverbesserung.
In Arbeitspaket 5 wurden im Rahmen einer Life Cycle Analyse (LCA) unter der Leitung von BTG die Umweltbelastungen bei der Herstellung und Anwendung von Pyrolyseöl untersucht. Dabei ging es speziell um die Verwendung von Gärresten aus der NawaRo-Anlage (betrieben mit Maissilage) als alternativen Rohstoff im Vergleich zur Verwendung von forstwirtschaftlichen Reststoffen. Zwar hat sich die Umweltbelastung bei der Verwendung von forstwirtschaftlichen Reststoffen als geringer erwiesen, was aber nicht bedeutet, dass diese immer die bessere Alternative darstellen. Schließlich handelt es sich bei den Gärresten um minderwertige Reststoffe. Darüber hinaus wurde die Anwendung von Pyrolysefraktionen zur Holzschutz¬mittelbehandlung untersucht. In dieser Anwendung könnten die pyrolytischen Zucker, die durch die Trennung der Pyrolyseölfraktionen gewonnen werden, Kreosot ersetzen. Das aus Steinkohlenteer erzeugte Kreosot wird derzeit verwendet, um eine Holzzerstörung zu verhindern. Die Verwendung von pyrolytischem Zucker zur Holzschutz-behandlung ergibt in Bezug auf die Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit und die Zunahme der Ressourcenverknappung, zwei entscheidende Parameter zur Beurteilung der Umweltverträglichkeit, wesentlich bessere Werte als Kreosot.
Die gleichzeitig durchgeführte Wirtschaftlichkeitsanalyse hat gezeigt, dass die gesamte Wertschöpfungskette vom Pyrolysieren der Maissilage bis hin zur Fraktionierung des Öls und der Verwendung der Zuckerfraktion als Holzschutzmittel wirtschaftlich machbar ist.


Zum Projekt (externer Link)

Projekt
Informationen

Geplante Projektkosten

2.216.053,76 €

Projektlaufzeit

1.4.2015 - 31.8.2019

Priorität

Erhöhung der grenzüberschreitenden Innovationskraft im Programmgebiet

Lead Partner

DNL-contact Gmbh & Co KG

Projektpartner

Saxion, B.T.G. Biomass Technology Group B.V., Lohmann GmbH, Foreco, Döpik Umwelttechnik GmbH, Alba Baving GmbH, Wessling Holding GmbH & Co. KG, Fachhochschule Münster,

Projekt
Finanzierung

Finanzierer Betrag
Fachhochschule Münster 99.585,00 €
B.T.G. Biomass Technology Group B.V. 183.530,00 €
Döpik Umwelttechnik GmbH 23.186,00 €
Foreco 37.853,00 €
Wessling Holding GmbH & Co. KG 21.260,00 €
Saxion 79.494,00 €
Alba Baving GmbH 19.805,00 €
Lohmann GmbH 19.805,00 €
Ministerie van Economische Zaken en Klimaat 181.639,00 €
Provincie Overijssel 78.800,00 €
DNL-contact Gmbh & Co KG 109.610,76 €
EFRE / EFRO 1.101.047,00 €
MWIDE NRW 260.439,00 €